Verkehrsdelikte

Auch Knöllchen aus dem Ausland werden eingetrieben

Der Sommer naht und wieder werden viele in ihrem Urlaub mit dem Auto außer Landes unterwegs sein. Blieben früher Verkehrsvergehen im Ferienland meist ungesühnt, so ist dies seit einem EU-Beschluß1 aus dem Jahre 2005 weit unwahrscheinlicher. Nach den neuen Bestimmungen können nicht bezahlte Bußgelder aus anderen EU-Staaten (nicht jedoch aus Nicht-EU-Staaten) hierzulande zwangsweise eingetrieben werden. Der Beschluß legt fest, bei welchen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten die dafür im EU-Ausland verhängten Geldstrafen in dem Heimatland des Täters vollstreckt werden können. Dazu gehören ausdrücklich auch Verkehrsdelikte, die definiert werden als "gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften verstoßende Verhaltensweisen, einschließlich Verstöße gegen Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten und des Gefahrengutrechts." Bis jetzt ist der Beschluß in 25 Mitgliedstaaten umgesetzt2 worden; nur in Italien und Irland stehen dieser Schritt noch aus.

Das Verfahren sieht vor, daß das Land, in dem die Tat begangen wurde, seine Entscheidung über Verhängung einer Geldstrafe oder -buße zwecks Eintreibung derselben dem Land übermitteln kann, in dem die betroffene Person über Vermögen verfügt bzw. Einkommen bezieht, sich in der Regel aufhält oder ihren Sitz hat. Der ausländische Strafbescheid muß übersetzt sein. Das Geld behält der vollstreckende Staat. Gegen die Bewilligung der Vollstreckung, für die in Deutschland das Bundesamt für Justiz zuständig ist, kann Einspruch erhoben werden. In bestimmten Fällen muß das Bundesamt schon von sich aus die Vollstreckung ablehnen, z.B. wenn die betroffene Person wegen der Tat im Inland verfolgt wird oder das Bußgeld unter 70 EUR3 liegt (Bußgeld und Verfahrenskosten addiert). Gleichfalls nicht vollstreckt werden in Deutschland Fälle der sog. Kfz-Halterhaftung, bei denen ein Fahrzeughalter sanktionsrechtlich in Anspruch genommen wird, auch wenn nicht erwiesen ist, daß er selbst den Verkehrsverstoß begangen hat. Die Halterhaftung ist u.a. in den Niederlanden üblich.

So teuer können Sünden sein - Beträge in Euro (gerundet)
Zu hohe Geschwindigkeit · Telefonieren beim Fahren · Nicht angeschnallt
 

Belgien

Bulgarien

Dänemark

Deutschland

Estland

Finnland

Frankreich

Griechenland

Großbritannien

20 km/h zu schnell

ab 100

ab 30

65-270

bis 35

bis 115

ab 70

ab 135

ab 100

ab 75

Über 50 km/h zu schnell

ab 300

ab 120

ab 295

ab 240

bis 770

14 TS

1.500

ab 350

bis 3.000

Handy am Steuer

ab 100

ab 25

65

40

ab 15

bis 115

ab 135

100

ab 75

Sicherheitsgurt nicht angelegt

ab 50

25

65

30

bis 190

35

ab 135

ab 350

bis 600

 

Irland

Italien

Lettland

Litauen

Luxemburg

Malta

Niederlande

Österreich

Polen

20 km/h zu schnell

ab 80

ab 160**

ab 5

ab 10

ab 50

ab 25

ab 155

ab 20

ab 25

Über 50 km/h zu schnell

ab 80

ab 500

ab 110

ab 290

ab 145

ab 25

ab 510

bis 2.180

ab 100

Handy am Steuer

ab 60

ab 150

15

ab 10

75

ab 25

220

ab 50

ab 50

Sicherheitsgurt nicht angelegt

ab 60

ab 80

30

ab 30

75

ab 25

120

ab 35

25

 

Portugal

Rumänien

Schweden

Slowakei

Slowenien

Spanien

Tschechien

Ungarn

Zypern

20 km/h zu schnell

ab 60

ab 85

ab 270

ab 50

ab 50

ab 100

ab 60

bis 110

ab 35

Über 50 km/h zu schnell

ab 300

ab 130

ab 450

ab 350

ab 300

ab 600

ab 200

ab 220

ab 85

Handy am Steuer

ab 120

ab 60

kein Verbot

ab 60

120

ab 200

ab 60

bis 75

85

Sicherheitsgurt nicht angelegt

ab 120

ab 30

170

ab 20

120

bis 200

80

ab 50

85

TS Tagessatz (Strafberechnung nach Monatsverdienst, in Finnland: max. 120 TS).
** Mindestbußen tagsüber, nachts (22-7 Uhr) um ein Drittel höhere Bußgelder. 9; 9; 9; 9; 9;

Quelle: ADAC

Rote Ampel überfahren · Regelwidrig überholt · Falsch geparkt

 

Belgien

Bulgarien

Dänemark

Deutschland

Estland

Finnland

Frankreich

Griechenland

Großbritannien

Rotlichtverstoß

ab 150

ab 30

135-200

90-320

bis 385

ab 10 TS

ab 135

ab 350

ab 70

Überholverstoß

ab 150

ab 30

135

30-250

bis 385

ab 10 TS

ab 135

ab 350

ab 70

Parkverstoß

ab 50

ab 5

65

10-70

ab 20

10-50

ab 10

ab 40

ab 35

 

Irland

Italien

Lettland

Litauen

Luxemburg

Malta

Niederlande

Österreich

Polen

Rotlichtverstoß

ab 80

ab 155**

ab 30

ab 115

145

ab 25

220

ab 70

ab 75

Überholverstoß

ab 80

ab 80

ab 20

ab 115

145

ab 25

220

ab 70

ab 60

Parkverstoß

ab 40

ab 40

ab 5

ab 10

ab 25

ab 25

ab 85

ab 20

ab 25

 

Portugal

Rumänien

Schweden

Slowakei

Slowenien

Spanien

Tschechien

Ungarn

Zypern

Rotlichtverstoß

ab 120

ab 60

ab 310

150

250

ab 200

ab 100

bis 370

ab 85

Überholverstoß

ab 120

ab 85

ab 310

150

ab 500

ab 200

ab 200

bis 370

ab 85

Parkverstoß

ab 30

ab 30

ab 20

ab 30

ab 40

bis 200

ab 60

bis 110

85

TS Tagessatz (Strafberechnung nach Monatsverdienst, in Finnland: max. 120 TS).
** Mindestbußen tagsüber, nachts (22-7 Uhr) um ein Drittel höhere Bußgelder. 9; 9; 9; 9; 9;

Quelle: ADAC

Zusätzlich zu den in den obigen Tabellen angeführten Verkehrsdelikten können in einigen Ländern noch weitere Regelungen bei Nichteinhaltung teuer zu stehen kommen, so die Lichtpflicht am Tag (z.B. in Skandinavien) oder die Mitführpflicht einer Warnweste im Auto (z.B. in Ungarn, Spanien, Österreich). Außerdem besteht in einzelnen Staaten (z.B. Frankreich, Großbritannien, Schweden) ein Verbot für "Drogen am Steuer", wobei in einigen Ländern Nulltoleranz herrscht und in anderen wie beim Alkohol Grenzen gezogen werden.

Alkohol am Steuer

 

Belgien

Bulgarien

Dänemark

Deutschland

Estland

Finnland

Frankreich

Griechenland

Großbritannien

Promillegrenze*

0,5

0,5

0,5

0,5

0,2

0,5

0,5

0,5

0,8

Bußgeld wegen Alkohols

ab 140

ab 100

ab 1 MV

ab 500

bis 1.150

ab 15 TS

ab 135

ab 80

bis 5.820

 

Irland

Italien

Lettland

Litauen

Luxemburg

Malta

Niederlande

Österreich

Polen

Promillegrenze*

0,5

0,5

0,5

0,4

0,5

0,8

0,5

0,5

0,2

Bußgeld wegen Alkohols

ab 200

ab 500

ab 215

ab 290

ab 100

ab 465

ab 340

ab 300

ab 145

 

Portugal

Rumänien

Schweden

Slowakei

Slowenien

Spanien

Tschechien

Ungarn

Zypern

Promillegrenze*

0,5

0,0

0,2

0,0

0,5

0,5

0,0

0,0

0,5

Bußgeld wegen Alkohols

ab 250

ab 130

ab 40 TS

ab 150

ab 300

ab 300

ab 100

bis 680

TS

MV Nettomonatsverdienst.
TS Tagessatz (Strafberechnung nach Monatsverdienst, in Finnland: max. 120 TS).
* Für Fahranfänger und Berufskraftfahrer gelten teilweise niedrigere Promillegrenzen.

Quelle: ADAC

Ein kleiner Hinweis zum Schluß: Selbst wenn - aus welchen Gründen auch immer - ein Bußgeldbescheid in den heimischen Gefilden nicht vollstreckt wurde, so ist es gut möglich, daß der Bescheid immer noch rechtskräftig ist und vollzogen wird, wenn man wieder in das betreffende Land einreist. Nicht zu befürchten ist hingegen, daß Verkehrssünden im Ausland im Verkehrszentralregister in Flensburg zu Buche schlagen. Dort werden auch weiterhin nur für Delikte in Deutschland Punkte verteilt.

_______________________

1 Rahmenbeschluß 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen, veröffentlicht in: Abl. L 76 vom 22.03.2005.
2
In Deutschland erlangten die EU-Bestimmungen durch das "Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen" (kurz: EuGeldG) am 28.10.2010 Rechtskraft. Seitdem gingen in Deutschland 3.217 Vollstreckungsersuche aus den anderen EU-Staaten ein, die sich aber nicht nur auf Knöllchen, sondern auch auf andere durch den EU-Beschluß abgedeckte Straftaten und Ordnungswidrigkeiten bezogen. Deutschland verschickte 2.890 Ersuche, davon 1.100 nach Polen, 694 nach Frankreich und 293 in die Niederlande.
3
Das zwischen Deutschland und Österreich bestehende Gegenseitigkeitsabkommen bleibt von dem EU-Rahmenbeschluß unberührt, so daß weiterhin Geldbußen ab 25 EUR im jeweils anderen Land eingetrieben werden können.