50 Jahre Römische Verträge

Die EU unterwegs von der Zweck- zur Wertegemeinschaft

Die 1950er mit Aufbruch zu neuer Gemeinschaft 

Die 1960er mit GAP-Start, leerem Stuhl und Freizügigkeit der Arbeitnehmer 

Die 1970er mit drei neuen Mitgliedstaaten, erster EP-Direktwahl und dem ECU 

Die 1980er mit drei Beitritten und der ersten großen Vertragsreform 

Die 1990er mit Europas Umbrüchen, Binnenmarkt, neuen Mitgliedern und Verträgen 

Die 2000er mit Osterweiterung, Euro in bar und Verfassungsversuch 

Am 25.03.1957 setzten Regierungsvertreter Belgiens, Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Luxemburgs und der Niederlande in Rom ihre Unterschriften unter zwei Dokumente, die mit Beginn des Jahres 1958 in Kraft traten. Das Datum der Unterzeichnung dieser "Römischen Verträge" markiert den Beginn der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom). Doch die Wurzeln der europäischen Einigung reichen weiter zurück. Bereits kurz nach Ende des zweiten Weltkriegs forderte Winston Churchill in einer Rede an der Universität Zürich die Gründung der Vereinigten Staaten von Europa und am 09.05.1950 legte Frankreichs Außenminister Robert Schuman einen von seinem engen Mitarbeiter Jean Monnet ausgearbeiteten Plan zum Zusammenschluß der Montanindustrien Westeuropas vor, durch den die zur Rüstungsproduktion wichtigen Sektoren einer gemeinsamen Kontrolle unterstellt werden sollten. Dieses als Schuman-Plan bekannte Vorhaben fand schnell Zustimmung, bereits am 18.04. des Folgejahres schlossen sich sechs europäische Staaten in der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS oder Montanunion) zusammen. Nachfolgende Vorstöße zur weiteren Integration im Rahmen einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) oder einer Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) scheiterten jedoch, so daß die EGKS-Mitglieder übereinkamen, mit der Gründung von EWG und Euratom zunächst Schritte zum Abbau von Handelshemmnissen und zur Nutzung der Atomenergie zu unternehmen.
Während die Dauer der Montanunion von vornherein vertraglich auf 50 Jahre begrenzt wurde, bestehen die anderen beiden Europäischen Gemeinschaften bis heute fort. Ihre Lenkungsgremien gehen auf die Ausgestaltung der Organe der EGKS zurück. So ist die Hohe Behörde der EGKS - ihr erster Präsident war Jean Monnet - als Vorläufer der heutigen EU-Kommission zu betrachten, und die Gemeinsame Versammlung ging später im Europäischen Parlament auf. Außerdem gab es bereits einen (besonderen) Ministerrat und einen Gerichtshof. Der aus Vertretern der beteiligten Interessengruppen zusammengesetzte Beratende Ausschuß schließlich ist die Keimzelle des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses. Ab 1958 existierten also drei rechtlich selbständige, in ihrem Wirkungsfeld mit jeweils eigenen Organen ausgestattete Europäische Gemeinschaften, deren Entwicklung hin zu einer Europäischen Union nachfolgend anhand ausgewählter Eckpunkte beleuchtet werden soll:

 
Die 1950er mit Aufbruch zu neuer Gemeinschaft
  01.01.1958:
Die Römischen Verträge treten in Kraft. Erster Präsident der EWG-Kommission wird der Deutsche Walter Hallstein; die Leitung der Euratom-Kommission übernimmt der Franzose Louis Armand. Ziel der EWG ist die Schaffung eines gemeinsamen Marktes mit freiem Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie die Errichtung einer Zollunion; Euratom soll den Aufbau und die Entwicklung der Nuklearindustrie unterstützen.

Die

1960er mit GAP-Start, leerem Stuhl und Freizügigkeit der Arbeitnehmer

  01.09.1961:
Die Verordnung Nr. 15 setzt erste Maßnahmen zur Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft in Kraft, die damit das Recht erhalten, sich in anderen Mitgliedstaaten Arbeit zu suchen.
  14.01.1962:
  Der EWG-Ministerrat einigt sich auf die Grundsätze einer Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).
  30.06.1965:
  Gemäß Artikel 43 des EWG-Vertrages sollte zu Beginn der dritten Stufe zur Verwirklichung der GAP, d.h. zum 01.01.1966, im Ministerrat das Prinzip der Einstimmigkeit von der Mehrheitsentscheidung abgelöst werden. Einzelne Länder hätten also gegebenenfalls überstimmt werden können. Der Vertreter Frankreichs nahm die Vorschläge der EWG-Kommission im Zusammenhang mit der Finanzierung des Agrarmarktes zum Anlaß, sich aus dem Ministerrat zurückzuziehen und nicht mehr zu dessen Sitzungen zu erscheinen. Paris suchte damit, den Übergang zu Mehrheitsvoten zu verhindern und dem einzelnen Mitgliedstaat ein Vetorecht zu sichern. Aufgrund dieser "Politik des leeren Stuhls" konnte die EWG über ein halbes Jahr lang keine Entscheidungen treffen. Erst nach dem sog. Luxemburger Kompromiß (s.u.) nahm Frankreich wieder am Verhandlungstisch Platz.
  28./29.01.1966:
  In Luxemburg einigen sich die Mitgliedstaaten auf den Kompromiß, auf Mehrheitsentscheidungen zu verzichten, wenn dabei vitale Interessen eines Mitgliedstaats auf dem Spiel stehen, stattdessen muß "die Erörterung fortgesetzt werden, bis ein einstimmiges Ergebnis erzielt worden ist".
  01.07.1967:
  Wie im Jahr 1965 beschlossen, werden die Exekutivorgane von EGKS, EWG und Euratom zusammengelegt. Erster Präsident der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (EG) wird der Belgier Jean Rey. Die drei Gemeinschaften existieren jedoch in eigenständiger Form weiter.
  01.07.1968:
  Die Einführung der Zollunion ist weitgehend abgeschlossen, bei landwirtschaftlichen Produkten dauert ihre Umsetzung allerdings noch bis 01.01.1970. Nach dem Wegfall der Binnenzölle erheben die EWG-Staaten nunmehr einheitliche Außenzölle.
  08.11.1968:
  Mit Inkrafttreten der Verordnung (EWG) 1612/68 erfolgt die endgültige Regelung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EWG.

Die

1970er mit drei neuen Mitgliedstaaten, erster EP-Direktwahl und dem ECU

  01.01.1970:
Die Zuständigkeit für den Außenhandel geht von den Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaft über.
  21.04.1970:
  Beschluß über die Finanzierung der Gemeinschaft durch eigene Mittel (Zölle, Agrarabgaben, Mehrwertsteueranteil).
  01.01.1973:
  Großbritannien, Irland und Dänemark, die schon 1961 und dann noch einmal 1967 ihre Aufnahme in die EWG beantragt hatten, treten der Gemeinschaft bei. Die ersten Beitrittsverhandlungen mit Großbritannien scheiterten 1963 am Widerstand Frankreichs; die Gespräche mit den anderen Bewerberländern wurden sodann ausgesetzt. Die Bürger Norwegens, das 1962 erstmals und 1967 zum zweiten Mal seinen Beitritt beantragt hatte, sprachen sich im September 1972 in einem Referendum gegen eine EWG-Mitgliedschaft ihres Landes aus.
  21.01.1974:
  Die Arbeits- und Sozialminister der EG beschließen ein sozialpolitisches Programm, das als Aktionsbereiche Beschäftigung, Angleichung der Lebens und Arbeitsbedingungen sowie die Beteiligung der Sozialpartner an sozial- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen vorsieht.
  18.03.1975:
  Einführung des Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (EFRE). Das zweite wichtige Instrument der Strukturförderung, der Europäische Sozialfonds (ESF), ist bereits in den Römischen Verträgen vorgesehen und wurde 1960 eingerichtet.
  12./13.03.1979:
  Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten beschließt rückwirkend zum 01.01.1979 das Inkrafttreten des Europäischen Währungssystems (EWS). Ein Element des EWS ist der ECU (European Currency Unit), quasi eine Verrechnungseinheit, in der z.B. die Mittel des Gemeinschaftshaushalts ausgewiesen sind.
  07.-10.06.1979:
  Erste Direktwahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments (EP), dessen Mitglieder zuvor von den nationalen Volksvertretungen entsandt wurden. Die Wahlbeteiligung liegt weit über 60%, sinkt bei den folgenden Urnengängen jedoch bis unter 50%. Erste EP-Präsidentin wird die Französin Simone Veil.

Die

1980er mit drei Beitritten und der ersten großen Vertragsreform

  01.01.1981:
Aufnahme Griechenlands, das 1975 seinen Beitrittsantrag gestellt hatte, in die EG.
  14.06.1985:
  Veröffentlichung des Weißbuchs über die Vollendung des Binnenmarktes, das rund 300 Maßnahmen enthält, um die materiellen, technischen und tarifären Hemmnisse des europäischen Großmarkts bis Ende 1992 zu beseitigen.
  14.06.1985:
  Die Benelux-Staaten, Deutschland und Frankreich unterzeichnen das Schengener Abkommen, das den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen und den freien Personenverkehr für alle Staatsbürger der Unterzeichnerstaaten, der anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft oder von Drittstaaten vorsieht.
  28./29.06.1985:
  Der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten billigt das Binnenmarkt-Weißbuch und beschließt zugleich die Einberufung einer Regierungskonferenz, um die erforderliche Änderung der Römischen Verträge auszuhandeln.
  01.01.1986:
  Mit dem Beitritt Portugals und Spaniens, der von beiden Ländern 1977 beantragt worden war, wird die Süderweiterung der Gemeinschaft abgeschlossen.
  01.07.1987:
  Die im Februar 1986 unterzeichnete Einheitliche Europäische Akte (EEA) zur ersten umfassenden Reform der Römischen Verträge tritt in Kraft. Sie erweitert den EWG-Vertrag um die Kapitel wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, Forschung und technologische Entwicklung sowie Umwelt. Außerdem wird die Stellung des Europäischen Parlaments gestärkt, die schrittweise Verwirklichung des Binnenmarktes bis Ende 1992 festgeschrieben und die Beschlußfassung im Ministerrat durch qualifizierte Mehrheit für einen Großteil der Binnenmarktregelungen eingeführt, wenngleich es in wichtigen Bereichen (Steuern, Freizügigkeit und Rechte der Arbeitnehmer) bei der Pflicht zur Einstimmigkeit bleibt.

Die

1990er mit Europas Umbrüchen, Binnenmarkt, neuen Mitgliedern und Verträgen

  01.07.1990:
Beginn der ersten Phase (Stufe) der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) mit vollständiger Liberalisierung des Kapitalverkehrs und acht Mitgliedstaaten (Ausnahmeregelungen gelten bis Ende 1992 für Spanien, Portugal, Griechenland und Irland). Die Bestrebungen zur Einführung der WWU gehen bis in die 1960er Jahre zurück; ursprünglich einigten sich die Staats- und Regierungschefs im Dezember 1969 darauf, die Wirtschafts- und Währungsunion bis spätestens 1980 einzuführen.
  03.10.1989:
  Der Einigungsvertrag zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland tritt in Kraft, damit werden die neuen Bundesländer zugleich Teil der EG.
  01.01.1993:
  Der Binnenmarkt mit seinem freien Waren-, Personen-, Kapital- und Dienstleistungsverkehr ist in weiten Teilen geschaffen, allerdings sind in einzelnen Bereichen die vier Binnenmarkt-Freiheiten bis heute noch nicht realisiert, was mit Defiziten bei der nationalen Umsetzung bereits beschlossener Gemeinschaftsvorschriften zusammenhängt.
  21./22.06.1993:
  Beim Gipfeltreffen in Kopenhagen öffnen die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten für die Länder Mittel- und Osteuropas die Tür zur Gemeinschaft; sie bekunden, daß die sich aufgrund der seit 1991 geschlossenen Europa-Abkommen neu gestaltenden Beziehungen zu den östlichen Nachbarn in einen Beitritt münden könnten, sobald diese Staaten bestimmte politische und wirtschaftliche Voraussetzungen erfüllen und in der Lage sind, den mit einer EG-Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen nachzukommen.
  01.11.1993:
  Der im Februar 1992 unterzeichnete Vertrag über die Europäische Union (EUV oder Maastricht-Vertrag) tritt in Kraft (die Zustimmung der Dänen, die in einer ersten Volksabstimmung das Vertragswerk abgelehnt hatten, konnte erst durch Einräumen von Sonderkonditionen erreicht werden). Mit dieser zweiten Reform der Römischen Verträge wird die Europäische Union (EU) geschaffen. Sie stellt eine Art Dachkonstruktion für drei politische Säulen dar: für die europäischen Gemeinschaften (erste Säule), die die Grundlage der EU bilden und in deren Rahmen wie bisher auf Gemeinschaftsebene "Gesetze" erlassen werden können, für eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP - zweite Säule) mit gemischten Entscheidungsverfahren (teils so, als handelten hier Länder ihre Vereinbarungen nach den normalen zwischenstaatlichen Verfahren aus, teils mit gemeinschaftlicher, also an die Gemeinschaft abgetretener, Gesetzgebungsbefugnis) und für die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (dritte Säule), für die kein Gemeinschaftsrecht erlassen, sondern nur nach der zwischenstaatlichen Methode ein gemeinsames Vorgehen vereinbart werden kann. Überdies wird durch den Maastricht-Vertrag die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion vertraglich verankert, das sog. Mitentscheidungsverfahren eingeführt, das die Position des Europa-Parlaments im europäischen Rechtsetzungsprozeß maßgeblich stärkt, und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in Europäische Gemeinschaft (EG) und folglich der EWG- in EG-Vertrag umbenannt.
  Nach Maastricht gibt es also vier nebeneinander existierende europäische Verträge - den EG-, den EGKS- und den Euratom-Vertrag für die drei Gemeinschaften sowie den EU-Vertrag mit den politischen Zielsetzungen der Europäischen Union und - etwas vereinfacht gesagt - mit den Bereichen, in denen die Mitgliedstaaten zwar zusammenwirken wollen, aber die Rechtsetzung nicht an die Gemeinschaft abgetreten haben.
  01.01.1994:
  Inkrafttreten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), zu dem neben den EU-Staaten zunächst noch Finnland, Island, Liechtenstein (ab 01.05.1995), Norwegen, Österreich und Schweden gehören und in dem weitgehend die vier Binnenmarkt-Freiheiten gelten.
  01.01.1995:
  Finnland, Schweden und Österreich treten der EU bei. Die Bevölkerung Norwegens lehnte hingegen in einem Referendum erneut den Beitritt ab.
  15.03.1999:
  Die Führung der Europäischen Kommission unter ihrem Luxemburger Präsidenten Jacques Santer erklärt - nach massiven Vorwürfen von Günstlingswirtschaft und Mißmanagement - geschlossen ihren Rücktritt.
  01.05.1999:
  Der im Oktober 1997 unterzeichnete Vertrag von Amsterdam tritt in Kraft. Darin werden die Felder für Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat ausgeweitet, und das Europa-Parlament erhält stärkere Mitspracherechte. Zudem werden u.a. Bestimmungen über eine Beschäftigungspolitik und mit Artikel 13 die Möglichkeit in den EG-Vertrag eingefügt, auf Gemeinschaftsebene Schritte zur Bekämpfung jedweder Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu beschließen. Überdies werden Teile aus dem Bereich Justiz und Inneres der gemeinschaftlichen Entscheidungsbefugnis unterstellt, also von Säule 3 zur Säule 1 verlagert. Eine Einigung über umfassende institutionelle Reformen, die für anstehende EU-Erweiterungen nötig gewesen wären, gelingt allerdings nicht.

Die

2000er mit Osterweiterung, Euro in bar und Verfassungsversuch

  23./24.03.2000:
In Lissabon setzen die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten das Ziel, bis 2010 ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum von 3% und die Schaffung von 20 Millionen Arbeitsplätzen anzustreben, um die Gemeinschaft zum wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Die Zwischenziele der Lissabon-Strategie werden in der Folge jedoch verfehlt.
  07.12.2000:
  Proklamation einer EU-Grundrechtecharta, deren Text seit 1999 von einem Konvent unter Vorsitz des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog ausgearbeitet wurde.
  01.01.2002:
  Einführung des Euro-Bargelds in 12 Ländern der EU. Zwar war der Euro bereits seit Anfang 1999 neue Währung in 11 Staaten, Scheine und Münzen waren jedoch zunächst nicht im Umlauf.
  23.07.2002:
  Der EGKS-Vertrag läuft aus und wird nicht erneuert. Der Euratom-Vertrag, der im Unterschied zum EWG-Vertrag seit 1957 kaum Änderungen erfuhr, besteht zwar weiter, allerdings wird derzeit eine mögliche Überarbeitung diskutiert, um seine Bestimmungen zu modernisieren.
  01.02.2003:
  Der Vertrag von Nizza tritt in Kraft (er wurde bereits im Februar 2001 unterzeichnet, mußte jedoch, nachdem ein Referendum in Irland im ersten Versuch ein ablehnendes Votum ergab, vor der zweiten Bürgerbefragung auf der grünen Insel, die dann ein positives Resultat brachte, nachgebessert werden). Diese jüngste Vertragsreform ist vor allem institutioneller Natur und sollte eigentlich die mit dem Amsterdamer Vertrag nicht erreichten strukturellen Voraussetzungen für die Handlungsfähigkeit der EU nach ihrer Erweiterung schaffen. Dieses Ziel wird auch jetzt nur in Teilen realisiert (neue Abgeordnetenzahl im Europa-Parlament, neue Größe und Zusammensetzung der Europäischen Kommission mit nur einem Kommissar pro Mitgliedstaat - jedoch keine Verkleinerung der Brüsseler Behördenspitze, Festlegung der Stimmenverteilung im Ministerrat etc.). Auch die Ausweitung der Politikfelder, auf denen mit Mehrheit statt nur einstimmig entschieden werden kann, fällt zu mager aus.
  01.05.2004:
  In der bisher größten Erweiterungsrunde der Gemeinschaft werden Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern Mitglieder der Europäischen Union.
  29.10.2004:
  Der von einem Konvent unter der Leitung von Frankreichs Ex-Staatspräsidenten Giscard d’Estaing vorbereitete Vertrag über eine Verfassung für Europa wird unterzeichnet. Er enthält u.a. die allfälligen institutionellen Reformen.
  22./23.03.2005:
  Auf dem Frühjahrsgipfel der EU wird im Zuge der Halbzeitbilanz zur fünf Jahre zuvor beschlossenen vollmundigen Lissabon-Strategie (wettbewerbsfähigste Wirtschaftsregion der Welt bis 2010) eine neue Kursbestimmung vorgenommen und der mit Zielen und Indikatoren überfrachtete Fahrplan auf eine begrenzte Zahl von Prioritäten mit klareren Zuständigkeiten für die nationale und europäische Ebene verschlankt.
  29.05.2005:
  Der Verfassungstext wird in Frankreich in einer Volksabstimmung abgelehnt.
  01.06.2005:
  Auch die Niederländer verweigern in einem Referendum der geplanten EU-Verfassung ihre Zustimmung. Damit zeichnet sich trotz der Ratifizierung in weiteren EU-Staaten ab, daß der Verfassungsvertrag in der bereits beschlossenen Form nicht in Kraft treten kann und Änderungen erforderlich sind.
  01.01.2007:
  Mit dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens findet die Erweiterung der EU vorerst einen Abschluß. Mit Mazedonien, Kroatien und der Türkei gibt es aber schon drei weitere Staaten, denen bereits offiziell der Beitrittskandidaten-Status zuerkannt wurde; mit den beiden letztgenannten Ländern begannen im Oktober 2005 Beitrittsverhandlungen.
   
   
Wie aus diesem kurzen Abriß deutlich wird, waren die 50 Jahre seit der Vertragsunterzeichnung im römischen Kapitol kein politischer Spaziergang, aber ein unglaublicher Erfolg. Krisen im europäischen Einigungsprozeß wurden bisher stets überwunden. Es gab neben Zeiten spürbarer Eu(ro)phorie auch immer wieder Phasen von Eurosklerose. Zugleich wird jedoch erkennbar, daß die Europäische Union mit jetzt 27 Mitgliedern an einem Punkt angelangt ist, an dem ihre Fähigkeit zur Einigung und Veränderung der immer wieder aufgeschobenen grundlegenden Reformen bedarf, will sie sich und ihren Werten in einem sich wandelnden Weltgeschehen treu bleiben.
 

Weitere Informationen: Die Geschichte der Europäischen Union im Internet unter

http://europa.eu/50/index_de.htm.